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Ausbildungsordnung der Notarkammer Kassel

für die Praxisausbildung künftiger Notarinnen und Notare
nach § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Bundesnotarordnung

vom 4. Mai 2011

Aufgrund des § 120 Abs. 3 der Bundesnotarordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2248), in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Satz 4 der Bundesnotarordnung in der Fassung des Gesetzes vom 2. April 2009 (BGBl. I S. 696) hat die Kammerversammlung der Notarkammer Kassel am 4. Mai 2011 die folgende Satzung beschlossen:

§ 1
Praxisausbildung

(1) Ziel der Praxisausbildung bei einer Notarin oder einem Notar (Ausbildungsnotare) ist es, künftige Anwaltsnotarinnen und Anwaltsnotare (Bewerber) mit der notariellen Berufspraxis hinreichend vertraut zu machen und ihnen die praktischen Anforderungen an die Ausübung des Notaramtes zu vermitteln. Die Praxisausbildung soll insbesondere auch das Steuer- und Kostenwesen, die Anforderungen der Berufsrechtsrichtlinien der Notarkammer sowie die Anwendung der Dienstordnung für Notarinnen und Notare einbeziehen.

(2) Die Praxisausbildung wird von der Ausbildungsnotarin oder dem Ausbildungsnotar eigenverantwortlich gestaltet und persönlich geleitet. Bei ihrer Gestaltung ist der berufspraktischen Zielsetzung Rechnung zu tragen.

(3) Die Praxisausbildung ist unentgeltlich. Sie umfasst 160 Zeitstunden, soweit die Notarkammer nicht eine Verkürzung nach § 6 Abs. 2 Satz 3 der Bundesnotarordnung bewilligt.

(4) Die Praxisausbildung kann auf mehrere zeitliche Abschnitte verteilt und bei verschiedenen Ausbildungsnotaren, auch solchen, die Mitglied einer anderen Notarkammer sind, abgeleistet werden.

§ 2
Zulassung

(1) Zur Praxisausbildung ist auf Antrag zuzulassen, wer die notarielle Fachprüfung nach § 7a der Bundesnotarordnung bestanden hat und seine anwaltliche Tätigkeit im Bereich der Notarkammer Kassel ausübt. Wer für die Bestellung zur Notarin oder zum Notar bereits ausgewählt worden ist, ist vorrangig zu berücksichtigen.

(2) Dem Antrag sind beizufügen:

1.eine notariell beglaubigte Kopie des Zeugnisses über die bestandene notarielle Fachprüfung,
2.eine Bescheinigung über die Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer,
3.eine Erklärung darüber, wo und seit wann die anwaltliche Tätigkeit nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 der Bundesnotarordnung im Bezirk der Notarkammer ausgeübt und für welchen Zeitpunkt eine Bewerbung für das Notaramt angestrebt wird, und
4.gegebenenfalls ein Vorschlag zur Bestimmung der Ausbildungsnotarin oder des Ausbildungsnotars nebst Einverständniserklärung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 und im Fall des § 4 Abs. 1 Satz 3 die Zustimmungserklärung der anderen Notarkammer.

§ 3
Ausbildungsnotare

(1) Als Ausbildungsnotare können Notarinnen und Notare im Sinne des § 3 Abs. 2 der Bundesnotarordnung bestimmt werden, die das Notaramt seit mindestens drei Jahren ausüben und eine ordnungsgemäße Praxisausbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 gewährleisten.

(2) Soweit nicht im Einzelfall gewichtige persönliche oder berufliche Belange entgegenstehen, sollen sich die Notarinnen und Notare des Kammerbezirks für die Praxisausbildung zur Verfügung stellen.

§ 4
Bestimmung des Ausbildungsnotars

(1) Die Ausbildungsnotarin oder der Ausbildungsnotar wird auf Vorschlag der Bewerberin oder des Bewerbers oder von Amts wegen von der Notarkammer bestimmt. Dem Vorschlag ist eine Einverständniserklärung der oder des Vorgeschlagenen beizufügen. Wird eine Notarin oder ein Notar vorgeschlagen, die oder der Mitglied einer anderen Notarkammer ist, so ist auch die Zustimmungserklärung dieser Notarkammer vorzulegen.

(2) Die Notarkammer ist an den Vorschlag nicht gebunden. Sie bestimmt die Ausbildungsnotarinnen und -notare nach pflichtgemäßem Ermessen. Bei der Ermessensausübung hat sie deren Belange und die der Bewerberinnen und Bewerber zu berücksichtigen, insbesondere die Entfernung zwischen der Kanzlei der Bewerberin oder des Bewerbers und der Ausbildungsstelle. Die Bewerberinnen und Bewerber können der Bestimmung nur widersprechen, wenn sie wegen Unvereinbarkeit mit ihren anwaltlichen Berufspflichten, möglicher Interessenkonflikte oder aus persönlichen Gründen unzumutbar ist. Die Gründe für die Unzumutbarkeit haben sie schriftlich darzulegen.

(3) Über die Bestimmung der Ausbildungsnotarin oder des Ausbildungsnotars erteilt die Notarkammer der Bewerberin oder dem Bewerber eine Bescheinigung.

§ 5
Bescheinigung über die Praxisausbildung

Die Ausbildungsnotarinnen und -notare bescheinigen den Ausgebildeten die durchlaufene Praxisausbildung. Die Bescheinigung enthält

1.Name und Geschäftsstellenanschrift der Ausbildungsnotarin oder des Ausbildungsnotars,
2.Name, Geburtsdatum und Anschrift der oder des Ausgebildeten,
3.die Bezeichnung der Notarkammer, die die Bestimmung nach § 4 Abs. 2 vorgenommen hat,
4.den Ausbildungszeitraum und die Zahl der Ausbildungsstunden,
5.Datum, Amtssiegel und Unterschrift der Ausbildungsnotarin oder des Ausbildungsnotars.

§ 6
Verkürzung der Praxisausbildung

(1) Die Notarkammer bewilligt auf Antrag eine Verkürzung der Praxisausbildung um bis zu 80 Stunden, soweit Bewerberinnen und Bewerber nachweisen, dass sie im Rahmen von Notarvertretungen oder Notariatsverwaltungen Urkundsgeschäfte getätigt oder erfolgreich an Praxislehrgängen nach § 7 teilgenommen haben.

(2) Für jede seit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Rahmen von Notarvertretungen oder Notariatsverwaltungen aufgenommene Niederschrift nach §§ 8, 36 und 38 des Beurkundungsgesetzes wird die Praxisausbildung um eine Stunde verkürzt. Für jede durchgeführte Unterschriftsbeglaubigung mit vorheriger Entwurfsfertigung wird die Praxisausbildung um eine halbe Stunde verkürzt.

(3) Für die erfolgreiche Teilnahme an einem Praxislehrgang nach § 7 wird die Praxisausbildung um die entsprechende Stundenzahl des Praxislehrgangs gekürzt.

(4) Die Anzahl der Urkundsgeschäfte ist durch Bescheinigungen der vertretenen Notarinnen und Notare oder, soweit dies nicht möglich ist, der Behördenleitung des zuständigen Amtsgerichts nachzuweisen. Die erfolgreiche Teilnahme an Praxislehrgängen ist durch Vorlage einer Bescheinigung des Veranstalters nachzuweisen, aus der die Stundenzahl hervorgeht.

§ 7
Verkürzung der Praxisausbildung

(1) Die Praxislehrgänge sind von Notarinnen und Notaren zu leiten, die seit mindestens drei Jahren ihr Amt ausüben. Andere Lehrpersonen können beteiligt werden, wenn sie einen unmittelbaren Bezug zur notariellen Berufspraxis haben.

(2) Für das Ziel und die Ausgestaltung der Praxislehrgänge gilt § 1 Abs. 1 entsprechend.

(3) Am Ende jedes Praxislehrgangs haben die Teilnehmenden in einem schriftlichen Test unter Beweis zu stellen, dass sie das Lehrgangsziel erreicht haben. Ist dies der Fall, erteilt ihnen die Lehrgangsleitung eine Bescheinigung über die erfolgreiche Teilnahme und die Stundenzahl des Praxislehrgangs.

(4) Die Notarkammer ist nicht verpflichtet, Praxislehrgänge anzubieten. Sie kann für von ihr durchgeführte Praxislehrgänge Teilnahmegebühren erheben.

§ 8
Inkrafttreten

Diese Ausbildungsordnung tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Justiz-Ministerial-Blatt für Hessen in Kraft.

Nottelmann
(Präsident)

Die vorstehende Ausbildungsordnung der Notarkammer Kassel wurde durch die außerordentliche Kammerversammlung am 04.05.2011 beschlossen und vom Hessischen Ministerium der Justiz, für Integration und Europa mit Bescheid vom 10.05.2011 genehmigt.